Je älter ich werde, desto häufiger stelle ich mir die Frage, welchen Wert Zeit für mich besitzt. Sicher weiß ich, dass sie meinem subjektivem Empfinden nach immer schneller vergeht. Denke ich an meine Kindheit und Jugend zurück, so dauerte ein Tag manchmal ewig, heute verfliegen Wochen als wären Sie Tage. Immer wieder kommt mir dazu ein Titel von Udo Jürgens in den Sinn: „Tausend Jahre sind ein Tag“.
Kürzlich habe ich von einer Studie gelesen, die meinen subjektiven Eindruck bestätigt. Tatsächlich ist es so, dass sich das Zeitempfinden mit dem Alter ändert. In unserer Jugend kann das Gehirn sehr viele Bilder und Eindrücke aufnehmen und verarbeiten. Dies führt zu mehr gefühlten Erlebnissen pro Zeiteinheit. Je älter wir werden, desto mehr nimmt diese Fähigkeit des Gehirns ab. Dies hat zur Folge, dass in gleicher Zeit weniger Erlebnisse gespeichert werden. Die Zeit vergeht damit subjektiv schneller.
Was bedeute dies für den Wert von Zeit? Marktwirtschaftlich betrachtet gilt: je knapper ein Gut, desto höher sein Preis. Diese Formel trifft auch auf Zeit zu: je älter ich werde, desto wertvoller wird sie für mich. Waren mir früher materielle Dinge wichtig, so ist es jetzt Zeit, die immer mehr an Bedeutung gewinnt. Heute habe ich lieber eine geregelte Arbeitswoche als einen 60 Stunden Marathon mit ein paar Hundert Euro mehr am Konto.
Mittlerweile denken auch junge Menschen ähnlich. Spricht man heute mit Vertreterinnen der Generation Y (das sind ab 1995 geborene Menschen), so erfährt man, dass sie sich vorrangig eine ausgeglichene Work-Life-Balance und damit ein Mehr an Freizeit wünschen. Das lässt sich auch in unseren Bewerbungsgesprächen beobachten. Betraf früher die wichtigste Frage das Gehalt, so fragen Jobanwärter heute primär nach Möglichkeiten der freien Zeiteinteilung und flexiblen Homeofficeregelungen.
Dass eine unausgewogene Work-Life-Balance nachhaltig ungesund ist, weiß man inzwischen. Die Zahl der ins Burnout Geschlitterten belegt dies. Ich stelle mir aber die Frage, ob diese jungen Menschen keine materiellen Sorgen haben. Freizeit muss man sich schließlich leisten können. Da das Gehalt nicht mehr die Hauptrolle spielt, müssen diese Menschen anderwärtig finanziell abgesichert sein. Vielleicht haben wir es tatsächlich mit einer Generation zu tun, für die Materielles kein Thema ist. Klar ist aber auch, dass dies nur für eine Minderheit zutreffen kann. Wie auch immer: Zeit ist wertvoll. Wir beginnen sie aber meist erst dann zu schätzen, wenn sie knapp wird. Mein Tipp: warten Sie nicht darauf. Behandeln Sie Zeit stets behutsam, denn sie ist ein wertvolles Gut.
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