Digital ist besser?

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“Digital ist besser“ – so lautet der Titel des im Jahr 1985 erschienenen großartigen Debutalbums der Hamburger Band Tocotronic. 1985 lebten wir alle noch in einer sehr analogen Welt. Ich denke dabei an Faxgeräte, Wandtelefone, Overheadprojektoren oder Fernseher mit Antennen. Damals konnte man noch nicht ahnen, dass schon drei Jahrzehnte später künstliche Intelligenz und das Metaverse1 – und damit Science Fiction – Realität werden würden.

Ich bin von Anfang an auf der digitalen Welle mitgesurft und habe mir – sofern ich mir diese leisten konnte – stets die neuesten elektronischen Geräte und Gadgets2 gekauft. Mein erstes Mobiltelefon hatte die Größe eines Ziegelsteins und man konnte damit telefonieren und (mühsam aber doch) Kurznachrichten schreiben. Heute gibt es das iPhone bereits in seiner 16. Generation und es bietet mehr Funktionen als der Großteil seiner Käufer je wird nutzen können.

Irgendwann war ich vollkommen in der digitalen Welt angekommen. Bücher, Filme, Fotos, Musik und Zeitungen – all das habe ich nur mehr digital konsumiert. Alle Arbeiten habe ich am Notebook erledigt und Papier war nahezu gänzlich aus meiner Welt verschwunden. Sogar im Büro hatte ich einen leeren Schreibtisch, was häufig zu der Annahme geführt hat, dass ich nichts arbeiten würde. Digitales Arbeiten und insbesondere die Cloud3 haben unbestreitbare Vorteile: hat man Notebook, Smartphone oder Tablet dabei, sind stets auch die eigenen Daten zur Hand.

Ich bin mit diesem „Setup“ lange Zeit sehr gut klargekommen und wäre das sicher auch weiterhin. Aber dann kam das Jahr 2014 und ich begann mein zweites Studium, jenes der Rechtswissenschaften. Schlagartig war es – Stichwort Klausuren – wieder nötig geworden, mit der Hand zu schreiben. Bei diesen schriftlichen Prüfungen wird von den Studierenden erwartet, möglichst viel Wissen (und damit Text) in sehr knapper Zeit handschriftlich zu Papier zu bringen. Um der Gefahr einer Nichtbeurteilung zu entgehen, sollte dies auch in leserlicher Form erfolgen. Ich stand also vor einem mittelgroßen Problem: das Einzige, was ich zu dieser Zeit handschriftlich halbwegs leserlich zu Papier brachte, war meine Unterschrift.

Also musste ich wieder beginnen, mich mit Papier und Schreibgerät auseinanderzusetzen. Bei einer dreistündigen Klausur kommen schon mal 20 A4-Seiten zustande, was mich vor große Schwierigkeiten stellte: Krämpfe, verschmierte Passagen (Linkshänder!) etc. waren ständige Begleiter. Um das Schreiben wieder zu üben, stellte ich meine Lernmethode um. Ich musste schon immer Lernstoff für mich schriftlich zusammenfassen, hatte das aber stets am Notebook gemacht. Nun begann ich, meine Zusammenfassungen handschriftlich in „Lernbücher“ zu schreiben. Langsam wurde meine Handschrift wieder flüssiger und irgendwann begann mir das Schreiben wieder richtig Spaß zu machen. Ein Schönschreiber wird aus mir nicht mehr werden, aber gemäß der Devise “Gut ist gut genug” bin ich zufrieden.

Aber was will ich mit diesem Text eigentlich sagen?

In aller Kürze: ich habe meine Liebe zu Papier wiederentdeckt. Die Langsamkeit dieses Mediums verströmt einen ganz eigenen Reiz. Aus diesem Grund war für mich klar, für meine selbstständige Tätigkeit – ganz oldschool – gedruckte Visitenkarten (siehe das Titelbild dieses Beitrages) herstellen zu lassen. Und nicht nur das: ich ließ auch einen wunderschönen Flyer produzieren.

Danke Martina 😉

Visitenkarte - Vorder- und Rückseite
Visitenkarte – Vorder- und Rückseite
Flyer - Vorder- und Rückseite
Flyer – Vorder- und Rückseite

Ich mag vor allem den Flyer sehr. Wenn ich ihn in die Hand nehme, spüre ich die Haptik des Papiers und rieche den frischen Druck. Beides erzeugt ein wunderbares, „analoges“ Gefühl. Anders als digitale Werbung geht ein Flyer weniger leicht in der allgemeinen Informationsflut unter. Zudem kann ich ihn gezielt verteilen: ich kann ihn Menschen direkt in die Hand geben und weiß somit, dass er unmittelbar bei ihnen ankommt. Das kann der Beginn einer persönlichen Verbindung sein, die gerade im Bereich der Mediation von großer Bedeutung ist.

P.S.: Selbstverständlich bin ich aber auch in der digitalen Welt präsent.

  1. Der Begriff Metaverse (Metaversum) wurde 1992 in Neal Stephensons Science-Fiction-Roman Snow Crash geprägt, in dem Menschen als programmierbare Avatare miteinander und Software-Agenten in einem dreidimensionalen virtuellen Raum interagieren, der die Metapher der realen Welt verwendet. ↩︎
  2. Gadget (englisch für: „Apparat“, „technische Spielerei“ oder auch „Schnickschnack“) bezeichnet ein technisches Werkzeug oder Gerät. ↩︎
  3. Digitale „Speicherwolke“ auf die über eine gesicherte Internetverbindung von jedem beliebigen Ort aus zugegriffen werden kann. ↩︎